28.07.2016
Zusammenarbeit des Bieters mit anderen Unternehmen. Kooperationsvertrag kann auch nach Angebotsabgabe abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 14.01.2016, Az.: C-234/14)
Leitsatz:
Die Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge sind dahin auszulegen, dass es ihnen zuwider läuft, wenn ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der Verdingungsunterlagen zu einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einen Bieter, der sich auf die Kapazitäten anderer Unternehmen stützt, dazu verpflichten kann, vor der Erteilung des Zuschlags mit diesen Unternehmen einen Kooperationsvertrag abzuschließen oder eine Personengesellschaft zu gründen.
Sachverhalt:
Die Vergabestelle hatte bei der Ausschreibung eines Bauauftrags in die Verdingungsunterlagen die Anforderung aufgenommen, dass sich ein Bieter, der sich auf Kapazitäten anderer Unternehmen stützen will, vor der Erteilung des Zuschlags einen Kooperationsvertrag mit den anderen Unternehmen vorlegen muss.
Entscheidung:
Hierzu hat der EuGH ausgeführt, dass es dem Bieter europarechtlich frei stehe, wie er den rechtlichen Charakter der Verbindungen zu den anderen Unternehmen gestaltet und wie er den Nachweis führt, dass ihm die Kapazitäten der anderen Unternehmen auch zur Verfügung stehen. Der Gerichtshof hat sich der Ansicht des Generalanwalts angeschlossen, dass die Vorlage einer Zusage anderer Unternehmen, dem Bieter die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, nur ein Beispiel für einen annehmbaren Nachweis dafür sei, dass er tatsächlich über diese Mittel verfügen werde. Diese Bestimmungen schließen es daher keineswegs aus, dass der Bieter das Bestehen seiner Verbindungen zu den anderen Unternehmen, auf deren Kapazitäten er sich für die Ausführung des Auftrags stützt, auf andere Weise dartut.
Fazit:
Mit seiner Entscheidung hat der europäische Gerichtshof die Voraussetzungen erleichtert, unter denen ein Bieter sich bei seinem Angebot auf Kapazitäten anderer Unternehmen berufen kann. Ein Bieter kann beispielsweise Teilleistungen durch Subunternehmerverträge einkaufen oder sich mit anderen Unternehmen in einer Bietergemeinschaft zusammenschließen. Es steht dem Bieter frei, wie er diese Beziehung gestaltet und im Vergabeverfahren Nachweise führt. Allerdings ist es in jedem Fall erforderlich, dass der Bieter nachweist, dass ihm die Kapazitäten der Dritten für die Ausführung des Auftrags auch verbindlich zur Verfügung stehen, da er sonst im Rahmen der Eignungsprüfung ausgeschlossen werden kann.