26.03.2014
Steuerschuldnerschaft bei "Bauleistungen"
Leitsatz:
§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 ist entgegen Abschn. 182a Abs. 11 UStR 2005 einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet (BFH, Urteil vom 22.08.2013, V R 37/10).
Entscheidung:
In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte ein Bauträger einen Generalunternehmer mit der Errichtung eines Gebäudes beauftragt und die von diesem nicht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zunächst selbst nach § 13b UStG erklärt und abgeführt. In der Umsatzsteuerjahreserklärung gab der Bauträger dann an, selbst nicht nachhaltig Bauleistungen (sondern Grundstückslieferungen) zu erbringen und deshalb die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger nicht zu schulden. Das Finanzamt bejahte hingegen die Steuerschuldnerschaft des Bauträgers, da sich dieser mit dem Generalunternehmer darüber geeinigt habe, die Umsatzsteuer zu schulden. Der hiergegen gerichteten Klage des Bauträgers hat der BFH - nachdem er das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem EuGH im Hinblick auf die Vereinbarkeit von § 13b UStG mit dem Europarecht verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte - stattgegeben.
§ 13b UStG sei dahingehend einschränkend auszulegen, dass es für den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger darauf ankomme, ob dieser die an ihn erbrachte bauwerksbezogene Werklieferung oder sonstige Leistung selbst zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Insofern sei z. B. danach zu unterscheiden, ob der Leistungsempfänger Generalunternehmer oder Bauträger sei. Während der Generalunternehmer regelmäßig auf einem seinem Auftraggeber gehörenden Grundstück baue, bebaue der Bauträger in der Regel eigene Grundstücke. Eine bauwerksbezogene Werklieferung im Sinne von § 13b UStG erbringe aber nur der ein fremdes Grundstück bebauende Generalunternehmer, nicht jedoch der ein eigenes Grundstück bebauende Bauträger. Daher sei § 13b UStG auf Bauträger nicht anwendbar. Daran ändere auch die zwischen dem Kläger und dem Generalunternehmer getroffene Vereinbarung, wonach der Kläger die Umsatzsteuer schulde, nichts, da das Gesetz den Übergang der Steuerschuldnerschaft zur Sicherung des Steueranspruchs nicht zur Disposition der Vertragsparteien stelle.
Fazit:
Nach der Entscheidung des BFH kommen „reine“ Bauträger nicht länger als Steuerschuldner gemäß § 13b UStG in Betracht, da sie keine Bauleistungen erbringen, sondern bebaute Grundstücke liefern. Ist ein Unternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die konkrete Verwendung der von ihm bezogenen Leistung abzustellen. Maßgeblich ist dann, ob der Unternehmer die Bauleistung für eine umsatzsteuerfreie Grundstücksübertragung als Bauträger oder für eine eigene umsatzsteuerpflichtige Bauleistung als Generalunternehmer verwendet.
Anmerkung:
Der BFH ist in seiner Entscheidung dem Hinweis des EuGH, bei der Anwendung des § 13b UStG für Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit Sorge zu tragen, nachgekommen und hat die zu diesem Zeitpunkt vorherrschende Auslegung der Vorschrift durch die Finanzverwaltung in mehreren Punkten als nicht rechtssicher verworfen. Das Bundesfinanzministerium hat daraufhin mit Schreiben vom 05.02.2014 den Umsatzsteuer - Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, an die Rechtsprechung des BFH angepasst. Zu den Auswirkungen und Konsequenzen dieser Entscheidung werden wir noch mit gesondertem Mandantenrundbrief berichten.
David Wöhler
Rechtsanwalt