26.03.2014
Privates Bau- und Architektenrecht: Verbindlichkeit der Kostenvorstellungen des Auftraggebers im Rahmen der Grundlagenplanung
Leitsatz:
Die vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht. Diese Kostenvorstellungen sind auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird.
Entscheidung:
Die Klägerin verlangte vom Beklagten Honorar für Architektenleistung, die ihr verstorbener Ehemann erbrachte hatte, dessen Erbin sie war. Der Beklagte hatte den Ehemann der Klägerin mit den Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI (alte Fassung) für die Errichtung eines Wohnhauses beauftragt. Zwischen den Parteien war streitig, welche Vorgaben zu den Baukosten gemacht worden waren. Der von der Baubehörde genehmigte Bauantrag jedenfalls wies Baukosten von insgesamt DM 1.541.700,- aus. Der Beklagte realisierte nach seiner Behauptung das Bauvorhaben nicht, weil diese Baukosten seine gegenüber dem Ehemann der Klägerin zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellung von DM 800.000,- weit überschritten hätten. In den beiden Vorinstanzen war der Beklagte jeweils zur Zahlung des Architektenhonorars verurteilt worden. Auf seine Revision hin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.
Die Planungsleistung eines Architekten entspräche nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsähe, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordere, als sie von den Parteien vereinbart worden sei. Der Architekt sei verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten zu beachten. Dabei müsse er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten; er sei vielmehr auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Solche Kostenvorstellungen müsse der Architekt grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Insbesondere beim privaten Auftraggeber, der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen könne, sei eine gründliche Aufklärung notwendig. Der Architekt verletze daher regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornähme.
Inwieweit der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht habe, sei durch Würdigung im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sei nicht zwingend erforderlich, dass der Auftraggeber dem Architekten gegenüber selbst die Kostenvorstellung äußere; es könne im Einzelfall ausreichen, dass diese Vorstellungen von Dritten geäußert würden und der Auftraggeber gegenüber dem Architekten zum Ausdruck bringe, dass dies auch seine Vorstellungen seien. Die vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen seien in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmten und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt würden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspräche. Diese Kostenvorstellungen seien auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthielten, sondern nur Angaben zu einer ungefähren Bausumme. Dagegen seien Angaben in einem Bauantrag in der Regel nicht geeignet, den Inhalt eines Architektenvertrages zu bestimmen.
Fazit:
Der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass Kostenvorstellungen des Bauherrn auch jenseits einer ausdrücklich vereinbarten Baukostenobergrenze Leistungspflichten des Architekten begründen können. Dies gilt insbesondere - aber nicht nur - beim einem privaten Bauherrn. Dabei muss der Architekt selbst aktiv werden und im Zusammenhang mit der Grundlagenermittlung die Kostenvorstellung des Auftraggebers abfragen. Die Beachtung wirtschaftlicher Belange des Auftraggebers gehört demnach zu den (grundlegenden) Leistungspflichten eines Architekten.
David Wöhler
Rechtsanwalt