16.10.2015

Nachtragskalkulation: Keine Vergütung ohne Vorlage der Urkalkulation (OLG Dresden, Urteil vom 15.01.2015, Az.: 9 U 764/14)

Leitsatz:

Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch des Auftragnehmers aus Nachträgen bei einem VOB-Vertrag ist bei verspäteter Vorlage der ursprünglichen Auftragskalkulation zurückzuweisen, da der Auftragnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast zur Forderungshöhe nicht nachgekommen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige die in der Nachtragskalkulation enthaltenen Ansätze als sachlich und rechnerisch richtig bezeichnet und die Preise als ortsüblich angesehen hat.

Sachverhalt:

Der Auftraggeber beauftragte ein Straßenbauunternehmen mit zusätzlichen Leistungen beim Bau einer Staatsstraße. Eine Urkalkulation zu seinem Angebot hatte das Unternehmen nicht vorgelegt. Das Unternehmen klagte Vergütung aus mehreren Nachtragspositionen der Schlussrechnung ein und legte eine Nachtragskalkulation zu den Positionen vor, die von einem gerichtlichen Sachverständigen als sachlich und rechnerisch richtig eingeschätzt wurde. Der Sachverständige führte jedoch aus, dass ohne Offenlegung der Urkalkulation die Nachtragshöhen nicht prüfbar seien. Daher forderte das Gericht das Unternehmen zur Vorlage einer umfangreichen Auftragskalkulation auf, die das Unternehmen einige Wochen nach Fristablauf einreichte. Wegen Verspätung und Beweisfälligkeit wurde die Klage in erster Instanz abgewiesen.

Das Straßenbauunternehmen legte Berufung ein und trug vor, in den anderen Vertragspositionen seien keine vergleichbaren Ansätze enthalten und die Preisberechnung könne auch anhand der vom Sachverständigen bestätigten üblichen Kosten erfolgen.

Entscheidung:

Das OLG Dresden ist der Auffassung des Unternehmens nicht gefolgt und hat die Entscheidung der 1. Instanz bestätigt. Grundlage für die Festlegung des neuen Preises sei stets der zuvor von den Parteien vertraglich vereinbarte Preis, was der herrschenden Rechtsprechung entspreche (BGH, Urteil vom 25.01.1996, Az.: VII ZR 233/94; Urteil vom 14.03.2013, Az.: VII ZR 142/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2014, Az.: 22 U 37/14). Bei der Ermittlung der zusätzlichen Vergütung müsse auch an die Kostenelemente der Urkalkulation angeknüpft werden. Daran sei das Gericht gebunden. Somit sei ein auf § 2 Nr. 5 bzw. 6 VOB/B gestützter zusätzlicher Vergütungsanspruch ohne eine nachvollziehbare Darlegung der Preisgrundlagen aufgrund der vorzulegenden Urkalkulation bzw. einer plausiblen Nachkalkulation unschlüssig.

Fazit:

Nach dieser Rechtsprechung muss auch in Fällen, in denen die Urkalkulation die für die Preisbildung maßgeblichen Kostenelemente nicht enthält, nach einer vergleichbaren Position der Urkalkulation des Gesamtvertrages gesucht und anhand dieser Position die Kalkulation analog fortgeschrieben werden, um das Preisniveau zu sichern.

Die Entscheidung über die Frage, ob eine Fortschreibung auf der Grundlage der Urkalkulation überhaupt möglich ist, kann also ohne deren Vorlage nicht getroffen werden.

Der Auftragnehmer sollte daher jedenfalls vor Klageerhebung eine Urkalkulation vorliegen haben, um zivilprozessuale Nachteile zu vermeiden. Sofern er zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch keine Urkalkulation erstellt hat, kann er diese später noch nachträglich anfertigen.

 

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