26.03.2014
Miet- und WEG-Recht: Schriftformerfordernis im Hinblick auf den Beginn eines Mietverhältnisses
Leitsatz:
Eine Bestimmung in einem Mietvertrag über den Beginn des Mietverhältnisses genügt dann der Schriftform des § 550 BGB, wenn die Kriterien, an die die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, dessen eindeutige Bestimmung ermöglichen (BGH, Urteil vom 24.07.2013, XII ZR 104/12).
Entscheidung:
Der Beklagte mietete von der Klägerin Geschäftsräume in einem noch zu sanierenden Gewerbeobjekt. Die Festmietzeit sollte 10 Jahre ab Beginn des Mietverhältnisses betragen. Hierzu hieß es im Mietvertrag:
"Das Mietverhältnis [...] beginnt mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache […].
Verzögert sich die Übergabe/Übernahme durch Änderungswünsche des Mieters […] oder durch nicht rechtzeitige Vorlage der für den Mieterausbau erforderlichen Pläne und Unterlagen […] oder durch nicht rechtzeitige Leistung der Sicherheit […], beginnt das Mietverhältnis mit dem Tag, an dem das Objekt ohne diese Änderungswünsche bzw. bei rechtzeitigem Vorliegen der Unterlagen und Pläne bzw. der Bankbürgschaft übergeben worden wäre. Gerät der Mieter mit der Übernahme des Mietobjekts in Verzug, so beginnt das Mietverhältnis mit Eintritt des Annahmeverzuges."
In der Folge kündigte der Beklagte den Mietvertrag innerhalb der Festmietzeit außerordentlich aus wichtigem Grund und gab die Gewerberäume an die Klägerin zurück. Diese erhob daraufhin Mietzahlungsklage, welcher vom Berufungsgericht aber nur zum Teil stattgegeben wurde. Zwar sei die außerordentliche Kündigung des Beklagten mangels Kündigungsgrund unwirksam; sie sei jedoch in eine ordentliche Kündigung umzudeuten. Eine ordentliche Kündigung wiederum sei zulässig gewesen, weil der befristete Mietvertrag aufgrund einer Verletzung des Schriftformerfordernisses gemäß §§ 550, 579 BGB als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte, da der Beginn des Mietverhältnisses wegen der Regelung zur „fiktiven Übergabe“ bei vom Mieter zu vertretenden Verzögerungen der tatsächlichen Übergabe für einen Erwerber nicht mehr bestimmbar gewesen sei. Dieser Ansicht hat der BGH nun eine Absage erteilt.
Die Parteien hätten eine genaue Regelung dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen das Mietverhältnis bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte. Der Vertragsbeginn sei dadurch für einen möglichen Erwerber der Mietsache bestimmbar. Dieser könne aus der Vertragsurkunde selbst erkennen, in welchen Fällen das Mietverhältnis bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte. Es sei ihm daher zuzumuten, sich gegebenenfalls beim Vermieter oder beim Mieter bezüglich des tatsächlichen Mietbeginns zu erkundigen. Die Schriftform scheitere jedenfalls nicht an der fehlenden schriftförmlichen Feststellung, ob die Umstände, an welche die Parteien den Vertragsbeginn geknüpft haben, tatsächlich auch eingetreten sind.
Fazit:
Mit seiner Entscheidung bestätigt der BGH einmal mehr, dass es zahlreiche Fallgestaltungen gibt, in denen § 550 BGB den Zweck, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrages zu verschaffen, in den er kraft Gesetzes eintritt, nicht umfassend gewährleisten kann. In Bezug auf den „Beginn des Mietverhältnisses“ sowie die in der Entscheidung ebenfalls genannten Punkte „Ausübung einer Verlängerungsoption“ und „Eintritt einer aufschiebenden Bedingung“ lässt es der BGH für die Einhaltung der Schriftform daher ausreichen, wenn der Grundstückserwerber durch die aus der Mietvertragsurkunde ersichtlichen Regelungen einen hinreichenden Anhaltspunkt für weitere Nachforschungen beim Vermieter oder beim Mieter hat. Mit dieser „Nachforschungsmöglichkeit“ korrespondiert indes eine gewisse „Nachforschungspflicht“ des Grundstückserwerbers, so dass zumindest im Rahmen eines Ankaufs größerer Gewerbeimmobilien die Durchführung einer (mietrechtlichen) Due Diligence nur dringend empfohlen werden kann.
David Wöhler
Rechtsanwalt