28.07.2016

Bauvertrag: Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts wegen eines Werkmangels nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche (BGH, Urteil vom 05.11.2015, Az.: VII ZR 144/14)

Leitsatz:

Der Besteller kann wegen eines Mangels der Werkleistung ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Unternehmer nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 215 BGB geltend machen, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten ist und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit geltend gemacht werden konnte.

Sachverhalt:

Der Beklagte beauftragte den klägerischen Unternehmer mit Rohbauarbeiten für den Neubau eines Büros mit Lagerhalle und erklärte - unter Vorbehalt verschiedener Mängel und Restarbeiten - im Oktober 2008 die Abnahme. Der in der Folge vom Unternehmer erhobenen Werklohnklage gab das erstinstanzliche Landgericht weitestgehend statt. In der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht rügte der Beklagte erstmals im November 2011 - und damit nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist für Mängelansprüche - den Mangel „Wölbung des Pflasters“ und stützte hierauf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht. Das Berufungsgericht lehnte dies ab mit der Begründung, der Beklagte habe das Leistungsverweigerungsrecht nicht innerhalb der Verjährungsfrist des Mangels, auf welchen das Leistungsverweigerungsrecht gestützt wurde, geltend gemacht. Dies sei hingegen Voraussetzung des Leistungsverweigerungsrechts, da andernfalls derjenige Besteller bevorteilt würde, der grundlos eine Werklohnforderung nicht zahle.

Entscheidung:

Dies sieht der BGH anders! Der Beklagte könne wegen des Mangels „Wölbung des Pflasters“ ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Werklohnanspruch des klägerischen Unternehmers auch nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 215 BGB geltend machen, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist in Erscheinung getreten sei und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit geltend gemacht werden konnte. Nicht erforderlich sei, dass der Beklagte bereits vor Eintritt der Verjährung seiner Mängelansprüche ein Leistungsverweigerungsrecht, gestützt auf eben diesen Mangel, geltend gemacht habe.

Die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Fassung des § 215 BGB bestimme, dass die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht ausschließe, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Der Regelung liege die Überlegung zugrunde, dass ein Schuldner, dem ein Gegenanspruch zusteht, kraft dessen er die Inanspruchnahme durch den Gläubiger erfolgreich abwehren kann, sich als hinreichend gesichert ansehen dürfe und durch die Verjährungsregeln nicht zur frühzeitigen Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Aufrechnung oder Klageerhebung gedrängt werden solle. Nicht erforderlich sei, dass der Besteller bereits vor Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche ein diesbezügliches Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Nach dem Wortlaut der Vorschrift und dem mit ihr verfolgten Zweck sei vielmehr ausreichend, dass das Leistungsverweigerungsrecht bereits in nicht verjährter Zeit bestand und ausgeübt werden konnte. Dies setze voraus, dass der Mangel, auf den das Leistungsverweigerungsrecht gestützt werde, bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist der Mängelansprüche in Erscheinung getreten sei und daher vor Ablauf der Verjährungsfrist ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht hätte geltend gemacht werden können. Denn nur in diesem Fall dürfe sich der Besteller im Hinblick auf die dem Unternehmer zustehende Werklohnforderung wegen einer ihm zustehenden Gegenforderung als hinreichend gesichert ansehen.

Fazit:

Im Ergebnis muss der Unternehmer damit etwaige Mängel, die in nicht verjährter Zeit aufgetreten sind, auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche beseitigen, wenn er seinen Werklohnanspruch durchsetzen möchte.

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